Das Orgateam vom All is Blues-Festival Würzburg
© Foto Gerald Langer
/ www.music-on-net.de
Schellack-Disco und Saiten-Hexereien
Die Höhepunkte beim 2. All is Blues-Festival in Würzburg
Mit Volldampf rollt seit 2024 im November ein Blues-Train durch Würzburg. Start und Ziel für den zweitägigen Blues-Trip war auch 2025 wieder im Kulturkeller Z87 in der Frankfurter Straße, wohin
das All is Blues-Festival am 14. und 15. November zum zweiten Mal zur Blues-Rundreise eingeladen hatte.
Genau genommen startete die diesjährige Bluesreise bereits am 5. November. Denn da wurde im Keller Z87 die Fotoausstellung „Gon’ Play it for you `lil Brother“ des deutschen Bluesfotografen und
-experten Axel Küstner aus Bad Gandersheim in Niedersachsen eröffnet. Er begab sich bei über 30 Reisen zwischen 1978 und 2005 kreuz und quer
durch die USA auf Spurensuche nach Bluesleuten, denen nicht wie ihren Zeitgenossen B.B. King, Muddy Waters, Buddy Guy oder John Lee Hooker der große internationale Durchbruch gelungen
war.
Auf verschlungenen und abenteuerlichen Wegen stöberte Küstner zahlreiche Musiker in ihren Dörfern auf. Sie ließen ihn in ihre Welt eintauchen und er wurde so auf Zeit ein Teil ihrer Community.
Das sieht man seinen Bildern an, da Küstner den Bluesleuten mit seiner Kamera ganz nahe kommt. Die exklusiv für das Festival zusammengestellte Ausstellung zog die Betrachter sofort in den Bann,
wurde hier doch eine Blues-Welt sichtbar, die zwischenzeitlich nicht mehr existiert. Zu jedem der 27 Bilder konnte Axel Küstner eigene Erlebnisse erzählen und präsentierte sich als ein lebendiges
Blues-Lexikon
Küstner fotografierte nicht nur, er machte auch von vielen Künstlern vor Ort Tonaufnahmen, die auf Schallplatten und CDs erschienen (Living Country Blues USA, L+R Records). Von manchen Künstlern
sind es die einzigen erhaltenen Tondokumente.
Bluesaufnahmen brachte Küstner auch in Form von bis zu 95 Jahre alten Schellack-Platten mit, die er zu einer „Schellack-Disco“ kombinierte. Die Zuhörer konnten in eine erstaunliche Klangwelt
zwischen Rauschen und Knistern eintauchen, erlebten aber auch Aufnahmen in erstaunlicher Klangqualität. Jede Aufnahme erklärte Schellack-DJ Küstner fachkundig, so dass das musikalische Erlebnis
auch einen hohen Erkenntnisgewinn hatte.
Vernissage der Blues-Fotoausstellung von Axel Küstner mit Musik von alten Schellack-Platten am
5.11.2025
© Fotos: Carola Thieme / thieme markendesign
Nach ein paar Tagen Verschnaufpause ging es dann los mit dem musikalischen Part des All is Blues-Festivals. Das Club-Festival (der Veranstaltungsraum hat unbestuhlt 199 Plätze) in einem
ehemaligen Lagerkeller für Bierfässer lebt neben dem historischen Ambiente vor allem davon, dass die Zuhörer die Musiker auf der Bühne aus nächster Nähe erleben können.
So hatte es das nordrhein-westfälische Blues-Schwergewicht Michael van Merwyk, der mit seinem Trio das Festival eröffnete, nicht schwer mit dem Publikum zu interagieren. Das Trio zeigte sich als bestens geölte
Blues-Maschine und gab Eigenes und Blues-Klassiker zum Besten. Man fühlte sich bestens unterhalten und ließ sich mehr als einmal zum Mitsingen animieren. Ein gelungener Einstieg ins AiB II.
MICHAEL VAN MERWYK & DIE OLLIES
©
Fotos: Carola Thieme / thieme markendesign
Mit Andrea De Luca aus Italien folgte ein Musiker, der hierzulande noch wenig bekannt ist. Die Band spielte sich schnell in die Herzen der
Zuhörer. Zum Einstieg agierte De Luca als Solist auf seinen diversen Slide-Gitarren und stimmte mit ruhigen Tönen ein. Was dann folgte, war ein fulminantes Blues-Rock-Gewitter mit Blitz und
Donner. Ob akustisch oder elektrisch, der Italiener ist ein Virtuose erster Güte und muss sich nicht hinter berühmten Kollegen wie Ben Harper, Sonny Landreth oder Ry Cooder verstecken. Er wird
die Bluesszene in den nächsten Jahren sicher noch ordentlich aufmischen.
ANDREA DE LUCA & BAND
© Fotos: Carola Thieme / thieme markendesign
Am zweiten Abend war der Keller Z87 dann bestens besucht, während am Freitag doch noch einige Plätze frei geblieben waren. Zeitgenössischen kraftstrotzenden Blues-Rock zelebrierte Timo Gross mit seinem Trio. Vom ersten Moment an machte der Komponist, Sänger und Gitarrist aus Rheinland-Pfalz mit seinen Begleitern an Bass und Schlagzeug ordentlich Druck und stieß beim Publikum auf offene Ohren. Für seine solistischen Beiträge nahm er sich Zeit, ohne dabei auszuufern. Garniert wurde Gross’ Heavy Blues durch Anekdoten aus seinem Musikerleben und zum Abschluss holte er AiB-Mitveranstalter Jochen Volpert auf die Bühne, wo sich die beiden ein heißes Gitarrenduell lieferten.
TIMO GROSS TRIO mit Gastbeitrag von Jochen Volpert
© Fotos: Carola Thieme / thieme
markendesign
Beim Festival-Finale wurde es dann besinnlicher. Denn Big Daddy Wilson präsentierte seine durchwegs gefühlvollen Songs, darunter einige vom
brandneuen Album „Smilig All Day Long“, im halbakustischen Format, will heißen der Gitarrist der Band ersetzte das elektrische gegen ein akustisches Instrument. Sonst blieb (fast) alles wie
gewohnt. Der Blues-Gentleman nahm sein Publikum mit auf eine emotionale Reise und das lauschte im inzwischen zur Sauna mutierten Keller Wilsons Botschaften über Liebe, Glauben, Frieden und
Freundschaft nahezu andächtig, ebenso wie den gefühlvollen und ausdrucksstarken Soli von Gitarrist Cesare Nolli. Mit riesigem Applaus wurden Wilson und seine italienische Band
„The Goosebumps Bros.“ nach diesem vorsonntäglichen Soul-Gottesdienst in die kühle Novembernacht entlassen.
Für die Veranstalter von All is Blues heißt es nun Bilanz zu ziehen, was vor allem bedeutet Kassensturz zu machen. Schaut ab und zu mal auf dieser Seite vorbei, dann könnt ihr erfahren, ob auch
nächstes Jahr wieder ein All is Blues-Train durch Würzburg rollt.
BIG DADDY WILSON & The Goosebumps Bros.
© Fotos: Carola Thieme / thieme markendesign
...coming soon....
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